Dilatative Kardiomyopathie

Dilatative Kardiomyopathie

Dilatative Kardiomyopathie (dilatative Cardiomyopathy, DCM oder kongestive Kardiomyopathie, CCM) bedeutet übersetzt eine Herzerkrankung, die mit einer krankhaften Erweiterung der Herzkammern einhergeht.

Die dilatative Kardiomyopathie ist durch ihren Verlauf nach der koronaren Herzkrankheit (KHK) der häufigste Grund für Herztransplantationen. Wir möchten erklären, wie sie sich in ihrem Verlauf entwickelt und auf welche Beschwerden Sie achten sollten.

Dilatative Kardiomyopathie
Copyright: Tyrannosaurus bigstockphoto – Darstellung der Herz-Muskulatur

Die Dilatation führt zu verminderter Elastizität und Kontraktionsfähigkeit und behindert die Reizleitung, sodass es zu Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen kommt.

Alsbald dehnt sich die Erkrankung auf die rechte Herzhälfte aus. Eine dilatative Kardiomyopathie weist zunächst wenige Symptome auf, die zudem wenig spezifisch sind wie Luftnot und erhöhter Herzschlag.

Daher wird sie gerade zu Anfang meist wenig beachtet. Später wächst die Gefahr der Bildung von Blutgerinnseln, die zu Herzinfarkt und Schlaganfall führen. Der zunehmende Funktionsverlust durch die Herzschwäche kann sogar einen plötzlichen Herztod auslösen.

Dilatative Kardiomyopathie Verlauf

Definition und Formen der Erkrankung

Sie ist die häufigste Kardiomyopathie und tritt bei 6/100.000 Einwohnern pro Jahr auf. Männer sind etwa dreimal so häufig davon betroffen wie Frauen. Die Diagnose erfolgt meist im mittleren Erwachsenenalter.

Die dialatative Kardiomyopathie und ihr Verlauf beginnen in der linken Herzhälfte. Man bezeichnet damit eine krankhafte Ausweitung des Herzmuskels ohne gleichzeitig erfolgende wesentliche Zunahme der Wandstärke.

Eine dilatative Kardiomyopathie hat als Symptome vor allem die namensgebende Ausweitung und Ausdünnung der linken Hauptkammer. Die Gründe für eine solche Dilatation sind unterschiedlich und führen zu den verschiedenen Formen der Erkrankung:

  • Idiopathische (primäre) dilatative Kardiomyopathie. Bei rund der Hälfte der Fälle ist die Ursache für die dilatative Kardiomyopathie und ihren Verlauf nicht bekannt. Man bezeichnet diese Form als idiopathisch (ohne bekannte Ursache).
  • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie. Bei den sekundären DCM ist die Ursache hingegen bekannt. Häufigste Gründe sind
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie im Verlauf von Erbgutveränderungen – daher oft mit familiärer Häufung. 30 % der dilatativen Kardiomyopathien sind genetisch bedingt. Mindestens vierzehn Gene wurden bislang identifiziert, deren Mutationen zu Veränderungen in der Struktur und Funktionsfähigkeit von Muskelproteinen führen.
      • Duchenne-Muskeldystrophie
      • Becker-Muskeldystrophie
      • Curschmann-Steinert-Syndrom
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie im Verlauf von Vorerkrankungen von Herz und Kreislauf
      • koronare Herzkrankheit (KHK)
      • Arteriosklerose
      • Herzklappenfehler (Vitien)
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie im Verlauf von Infektionen. Entzündungen des Herzmuskels (Myokarditis) können eine dilatative Kardiomyopathie und ihre Symptome auslösen.
      • Viren (Coxsackie-Viren, Grippe-Viren, Adenoviren)
      • Bakterien (Staphylokokken, Borrelien)
      • Einzeller (Toxoplasmose, Chagas-Krankheit)
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie als Symptome von Vitaminmangel
      • fehlendes Vitamin B1
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie im Verlauf von Autoimmunerkrankungen und Immunerkrankungen
      • systemischer Lupus erythematodes
      • Morbus Kussmaul-Maier
      • Sklerodermie
      • Wagner-Unverricht-Syndrom
      • AIDS
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie im Verlauf von Speicherkrankheiten
      • Hämochromatose (Hämosiderose), eine Eisenspeichererkrankung.
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie im Verlauf von hormonellen Störungen
      • Diabetes mellitus
      • Schwangerschaft – bisweilen wird eine spontane dilatative Kardiomyopathie im Verlauf einer Schwangerschaft beobachtet
      • Schilddrüsenunterfunktionen (Hypothyreose)
      • Schilddrüsenüberfunktionen (Hyperthyreose)
      • Unterfunktion der Nebenschilddrüse (Hypoparathyreoidismus)
      • Phäochromozytom (gutartiger Tumor der Nebenniere)
      • Unterfunktion der Nebenniere (Cushing-Syndrom)
    • Sekundäre dilatative Kardiomyopathie im Verlauf von Vergiftungen mit
      • Alkohol
      • Drogen (Kokain, Amphetamin)
      • Medikamenten (Antibiotika: Anthracyclin)
      • Chemotherapeutika (Doxorubicin)
      • Schwermetallen (Blei, Arsen, Kobalt, Quecksilber)

Das Wichtigste auf einen Blick

  1. Bei der dilatativen Kardiomyopathie kommt es zu einer voranschreitenden Erweiterung des Herzmuskels. Sie beginnt auf der linken Seite und dehnt sich später auf die rechte Herzhälfte aus.
  2. Eine dilatative Kardiomyopathie hat Symptome, die in frühen Stadien wenig ausgeprägt sind. Erst relativ spät zeigen sich Atemnot und fühlbarer Herzschlag.
  3. Durch die Ausdehnung verschlechtert sich die Kontraktionsfähigkeit und die Reizleitung. Dadurch entstehen eine Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen.
  4. Die dilatative Kardiomyopathie ist im Verlauf durch die Bildung von Blutgerinnseln gekennzeichnet, die Schlaganfälle und Infarkte hervorrufen können.
  5. Die zunehmende Herzschwäche kann letztlich zum plötzlichen Herztod führen.

Verlauf der Krankheit

Dilatative Kardiomyopathie bedeutet, dass der Verlauf mit der Ausweitung der linken Herzkammer beginnt. Eine solche Erweiterung hat zur Folge, dass die Muskulatur der ausgedehnten Herzwand zusehends ausdünnt.

Das verschlechtert die Kontraktionsfähigkeit, sodass sich der Muskel immer mehr anstrengen muss, um seine Leistung zu erbringen. Dadurch wächst er unnatürlich an (Hypertrophie), ohne dass es zu einer wesentlichen Verdickung kommt. Diese ist kennzeichnend für eine andere Form der Kardiomyopathie, die hypertrophe Kardiomyopathie.

Zudem verursacht die dilatative Kardiomyopathie Symptome mangelnder Elastizität des überdehnten Muskels, sodass die Füllung der Kammern abnimmt (diastolische Insuffizienz).

Das liegt daran, dass diese Vergrößerung mit einem höheren Anteil nicht-funktionellen Bindegewebes und Fettgewebes zwischen den Muskelzellen verbunden ist. Zugleich führt diese Ausweitung dazu, dass die Reizleitung zwischen den vergrößerten Herzmuskelzellen zusehends schlechter funktioniert. Daraus resultieren Herzrhythmusstörungen.

Letztlich zeigt die dilatative Kardiomyopathie in ihrem Verlauf eine zusehends eingeschränkte Pumpleistung des Herzens (systolische Dysfunktion). Das betrifft auch den linken Vorhof. So kommt es zu einem voranschreitenden Funktionsverlust der linken Herzhälfte (Linksherzinsuffizienz).

Dieser folgt durch den Rückstau des Blutes die zunehmende verminderte Leistungsfähigkeit der rechten Seite des Herzens (Rechtsherzinsuffizienz). Letztlich ist der gesamte Herzmuskel beeinträchtigt (globale Herzinsuffizienz).

Zuletzt beeinträchtigt die Ausweitung der linken Kammer die Funktionsfähigkeit der Mitralklappe zwischen linkem Vorhof und linker Hauptkammer (relative Mitralklappeninsuffizienz).

Symptome der Dilatativen Kardiomyopathie

Die dilatative Kardiomyopathie und ihre Symptome entwickeln sich über einen längeren Zeitraum.

Der Verlauf ist somit chronisch und die damit verbundenen Krankheitszeichen verstärken sich zusehends, wobei regelmäßig weitere hinzukommen. Anfänglich sind die Beschwerden wenig typisch und werden daher leicht übersehen oder nicht ernst genommen. Erst in einem relativ weit fortgeschrittenen Stadium zeigt die dilatative Kardiomyopathie Symptome, die unübersehbar sind.

Aus der anfänglichen Linksherzinsuffizienz wird eine zusätzliche Rechtsherzinsuffizienz und letztlich können Herzschwäche und Blutgerinnsel tödlich verlaufende Komplikationen auslösen.

Linksherzinsuffizienz

Entwickelt sich eine dilatative Kardiomyopathie, sind die Symptome anfänglich eine verminderte körperliche Belastbarkeit mit schnell auftretender Atemnot (Belastungsdyspnoe) und verstärktem Schwitzen (Hyperhydrose). Patienten geraten schnell außer Atem und haben eine stark erhöhte Schlagfrequenz (Tachykardie). Den verstärkten Herzschlag verspüren die Betroffenen selbst (Palpitationen).

Gleichzeitig ist der Blutdruck durch die verminderte Kontraktionsleistung ungewöhnlich niedrig (Hypotonie). Die verminderte Eigendurchblutung des Herzmuskels führt zur Angina pectoris mit Schmerzen in der Brust.

Aus der anfänglich nur unter körperlicher Beanspruchung auftretenden Belastungsdyspnoe wird schließlich eine Ruhedyspnoe, bei der die Atemprobleme schon unter Ruhebedingungen vorliegen.

Das liegt daran, dass die beeinträchtigte linke Herzhälfte das Blut nicht schnell genug weiterleiten kann. Es gelangt nicht genug Blut in den Körperkreislauf (Vorwärtsversagen). Der Sauerstoffmangel in den Körperzellen sorgt dafür, dass Sensoren das über das vegetative Nervensystem an Lunge und Herz melden. Diese reagieren mit verstärktem Pulsschlag und erhöhter Atemfrequenz. Das führt zu den beschriebenen Symptomen der Belastungsdyspnoe.

Die dilatative Kardiomyopathie zeigt als Symptom der Lunge typischem trockenen Herzhusten, der bevorzugt nachts und im Liegen auftritt.

Außerdem färbt sich das bei hohem Sauerstoffgehalt hellrote Blut in den Arterien bläulich. Am besten erkannt man das an den Lippen und an Fingern und Zehen. Man spricht hier von einer Blausucht (Zyanose).

Rechtsherzinsuffizienz

Die dilatative Kardiomyopathie zeigt nachfolgend Symptome einer Rechtsherzinsuffizienz. Durch den mangelnden Abtransport in den Körperkreislauf staut sich das Blut in der rechten Herzhälfte (Rückwärtsversagen). Zunächst äußert sich dieser Rückstau in einem deutlichen Hervortreten der Halsvenen. Die rechte Herzhälfte versucht mit verstärkter Aktivität den Rückstau zu beseitigen, was auch hier bei Dauerbelastung zur Insuffizienz führt.

Die Folge der Lungenstauung ist ein verminderter Gasaustausch und somit mangelnde Sauerstoffversorgung, die die Atemnot weiter verstärkt. Patienten werden noch müder und abgeschlagener. Zudem steigt der Puls sehr schnell an (Tachykardie) und die Patienten leiden schnell an Angina pectoris-Anfällen.

Die dilatative Kardiomyopathie zeigt Symptome von Sauerstoffmangel im Gehirn. Dieser führt zu Schwindelgefühl, Kopfschmerzen und Ohnmachtsanfällen.

Letztlich sorgt der Rückstau für eine Ansammlung von Gewebewasser in der Lunge in Form eines Lungenödems. Die Vorbelastung der Lunge führt zu vermehrten Infekten der unteren Atemwege. Zudem staut sich das Gewebewasser in den Extremität, vor allem an den Füßen und Unterschenkeln (Ödembildungen) und im Bauchraum (Aszites).

Stauungen in den Bauchorganen führen zu Magenschleimhautentzündungen (Stauungsgastritis), Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen. Hinzu kommen Verdauungsprobleme mit Völlegefühl, Blähungen und Verstopfungen (Obstipationen). Auch die Nieren werden davon betroffen (Stauungsnieren).

Dilatative Kardiomyopathie Symptome durch Beeinträchtigung der Herzklappen:

Relative Mitralklappeninsuffizienz

Die Ausdehnung des Herzmuskels sorgt dafür, dass auch der Klappenring der Mitralklappe zwischen linkem Vorhof und linker Hauptkammer überdehnt wird. Dadurch kann sich die Klappe nicht mehr richtig schließen und es resultiert eine sogenannte relative Mitralklappeninsuffizienz.

Dilatative Kardiomyopathie Verlauf mit Bildung von Blugerinnseln

Die Mitralklappeninsuffizienz verstärkt die Atemprobleme und Palpitationen. Zudem erhöht sie das Risiko von Herzrhythmusstörungen und die Bildung von Blutgerinnseln vor allem in der Herzspitze. Viele davon entstehen an der Herzwand (wandständige Thromben) und weil die Insuffizienz des ebenfalls gedehnten linken Vorhofes zu Vorhofflimmern führt.

Die Blutgerinnsel verstopfen an anderer Stelle Leitungsbahnen (arterielle oder pulmonale Thromboembolien) und lösen so Herzinfarkte, Schlaganfälle oder sonstige Infarkte aus (Lungeninfarkt, Niereninfarkt, Darminfarkt).

Mit der zusehenden Überbelastung des Herzens steigt die Gefahr für eine akute Herzinsuffizienz mit kardiogenem Schock, Kreislaufversagen und plötzlichem Herztod.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  1. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2018: G. Herold Verlag. ISBN-10: 3981466063
  2. Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  3. Erland Erdmann (Hrsg.) Klinische Kardiologie: Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße. Stuttgart 2011: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642164803.
  4. Helmut Roskamm (Hrsg.), F.-J. Neumann (Hrsg.), D. Kalusche (Hrsg.), H.-P. Bestehorn (Hrsg.): Herzkrankheiten: Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie. 5. Auflage. Stuttgar